Es ist nun einige Wochen her, dass Apple sein neues Notebook für die professionellen Anwender vorgestellt hat. Das neue MacBook Pro 2016 ist schneller, dünner, mit besserer Farbwiedergabe, in Space Grau verfügbar und natürlich hat es, wenn man will, eine TouchBar. Doch kann man dem neuen MacBook Pro denn nun eine Kaufempfehlung aussprechen? Immerhin geht es weg wie geschnitten Brot, wenn man den ersten Verkaufszahlen glauben darf. Ist eine TouchBar einen Aufpreis von 300 € beim 13“ MacBook Pro wert? Denn beim 13“ habt ihr die Wahl, ob es mit oder ohne TouchBar sein soll. Doch das Einsteiger-MacBook Pro für 1.699 € hat nicht nur keine TouchBar, sondern auch einen deutlich langsameren Prozessor. Statt einem 2,9 GHz i5 werkelt in der Einsteigerversion ein 2 GHz Intel i5.

Bedeutet: Wer wirklich zu den professionellen Nutzern gehört, für den ist die kleinste Version vermutlich nicht so interessant. Vor allem dann nicht, wenn man bereits ein Retina MacBook Pro der Vorgängerversion verwendet. Zwar kommt im neuen 13“ Einsteiger MacBook Pro die „neue“ Intel Skylake Architektur zum Einsatz, was dem neuen MacBook Pro sicher zu einem Leistungsschub verhilft; wie stark dieser aber im direkten Vergleich ist und ob sich dafür die Neuanschaffung bereits lohnt, wage ich anzuzweifeln, es sei denn, man möchte ein leichteres und schlankeres Notebook haben.

Anders sieht es schon beim 13“ mit TouchBar aus. Hier gibt es, wie bereits erwähnt, knackige 2,9 GHz unter der Haube, die mit Turbo Boost auf bis zu 3,3 GHz geprügelt werden. Dafür muss man allerdings auch in der Grundkonfiguration satte 1.999 € investieren.

Die TouchBar ist kein Kaufgrund

Auf der Keynote hatte Apple die TouchBar sehr im Fokus und hypte sie sehr stark. Aus meiner Sicht sogar viel zu stark, denn natürlich ist sie ein cooles „neues“ Feature, aber auch nicht unbedingt der Grund, sich ein MacBook Pro zu kaufen. Ja, ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass die TouchBar nur für sehr wenige Anwender einen tatsächlichen Mehrwert bietet. Versuchen wir das mal ganz sachlich zu betrachten. Vorweg sei natürlich noch gesagt, dass die TouchBar noch lange nicht von allen Drittanbietern bespaßt wird und hier sicher noch Luft nach oben ist. Schauen wir uns doch mal einige professionelle Anwendungsgebiete an. Beginnen wir mit Menschen, die viel im grafischen Bereich tätig sind und Videos schneiden oder Bilder bearbeiten. Genau diese Anwender wurden gezielt auf der Keynote angesprochen. Klar, ist es cool, beispielsweise die Timeline in Final Cut Pro X auf der TouchBar komplett durchscrollen zu können. Auch einige weitere Features bei der Bearbeitung zu Farb- oder Bildkorrektur sind sicher ganz praktisch. Doch schauen wir uns den Workflow dahinter mal an.

Workflow mit und ohne TouchBar

Man stelle sich vor, man sitzt vor seinem neuen wunderschönen MacBook Pro und schneidet ein Video. Nun möchte man beispielsweise die Farbe anpassen. Natürlich gibt es dafür ein praktisches Feature auf der TouchBar. Ich muss also eine Hand von der Tastatur oder der Maus oder dem TrackPad nehmen, um auf der TouchBar eine Aktion auszuführen. Welchen Unterschied macht es denn nun, ob ich direkt mit der Maus in die Einstellung navigiere bzw. mithilfe von Shortcuts dorthin springe, um dort dann mit der Maus die Einstellungen vorzunehmen? Ich muss in jedem Fall meine Hand von der Maus oder der Tastatur nehmen, um besagte Eingabe durchzuführen. Ganz abgesehen davon, dass professionelle Nutzer in den meisten Fällen sowieso aus Geschwindigkeitsgründen mit Tastatur-Shortcuts arbeiten, weil sie es zum einen gewohnt sind und zum anderen damit noch schneller sind. Hier bietet die TouchBar eigentlich keinen wirklichen Mehrwert. Lediglich die Möglichkeit, sich sehr schnell in der Timeline bewegen zu können, ist extrem praktisch.

Genauso verhält sich der Workflow auch bei Photoshop, wenn nicht sogar noch extremer, denn Profis verwenden ihre Tastatur-Shortcuts hier extrem viel. Eine Farbauswahl schön mit dem Finger verschieben zu können ist zwar praktisch, kann aber auch bequem weiter mit der Maus durchgeführt werden. Dank Tastatur-Shortcuts ist es nicht einmal notwendig, dabei die Hand von der Maus oder Tastatur zu nehmen. Bei der Verwendung der TouchBar sieht das wieder anders aus. Auch hier muss wieder die Hand von der Maus oder der Tastatur genommen werden, um entsprechend zur TouchBar zu greifen.
Aber damit nicht genug, denn wir sprechen hier ja von echten Profis, oder? Gut, echte Profis werden wohl auch eher ein Grafiktablet verwenden und daher fast ausschließlich mit Tastatur-Shortcuts und dem Tablet arbeiten. Auf besagtem Tablet wird dann auch beispielsweise die Farbauswahl getroffen. Da das Grafik-Tablet in diesen Fällen meist direkt vor einem liegt, wäre es auch hier ein Umweg, die TouchBar zu verwenden.

Schaut man sich den geneigten Profi-Nutzer nochmal genauer an, wird man auch feststellen, dass es sogar noch viel schwieriger wird, wenn dieser, wie so oft, einen externen Monitor verwendet und somit auch eine externe Tastatur und Maus. Ab diesem Moment wird die TouchBar vollkommen überflüssig, da nahezu unerreichbar auf dem Schreibtisch.

Die echten Vorteile kann die TouchBar, wenn überhaupt, also wirklich nur unterwegs ausspielen, wenn keine externen Geräte verwendet werden. Und selbst dort nur bedingt, denn auch hier gibt es eingespielte Workflows, die es unnötig machen würden, die Hand vom Trackpad oder der Tastatur zu nehmen.

Die neue TouchBar ist also ein cooles neues Feature, was sicher auch Eindruck macht, aber für die tatsächlichen Workflows beim Arbeiten mit dem MacBook Pro nur bedingt echte Vorteile mit sich bringt. Somit wäre die TouchBar an sich schon mal kein Kaufgrund für das neue MacBook Pro 2016.

Solltest Du Dir das MacBook Pro dann nicht kaufen?

Ich hätte mir gewünscht, dass Apple noch etwas mit dem Launch des neuen MacBook Pro gewartet hätte. Immerhin gibt es bereits eine neuere Intel Generation, die nochmal sehr interessant gewesen wäre. Hier hat Apple meiner Meinung nach etwas voreilig gehandelt. Da ein Update bereits mehr als überfällig gewesen ist, wäre es nicht weiter ins Gewicht gefallen, jetzt noch etwas länger zu warten und direkt die neusten Intel Kaby Lake Prozessoren zu verbauen. Darüber hinaus finde ich die neue Preisstruktur schon ziemlich extrem. Ich möchte hier mal das MacBook Pro ohne TouchBar ausklammern, denn dieses halte ich wegen des Prozessortakts für den Profi-Anwender für „uninteressant“.

1.999 € für ein MacBook Pro in der Minimal-Konfiguration sind aber schon mal eine Ansage! Möchte ich als Profi dann 16 GB Arbeitsspeicher muss ich nochmal 240 € drauflegen und bin dann schon bei 2.239 €. Allerdings habe ich dann nur eine 256 GB SSD, die vermutlich gerade für grafische Anwender und Video-Spezialisten viel zu klein ist. Also muss schon direkt die nächstgrößere Version des MacBook Pro 2016 her. Diese liegt mit einer 512 GB SSD bei 2.199 €, dazu kommt dann wieder der Arbeitsspeicher und wer besser gleich eine 1 TB SSD nutzen möchte, ist dann direkt bei soliden 2.919 €.

Das nenne ich doch mal ordentlich – knapp 3.000 € für ein Notebook ist mal eine Ansage. Klar, wer das Ganze als Firma anschafft, sieht diese Summe nochmal anders, als es ein Privatmann oder eine Privatfrau tut. Dennoch ist es erstmal eine Anschaffung, die bezahlt werden will. Wer also ein MacBook Pro der letzten Generation hat, wen das Gewicht nicht zwingend stört oder wem die Leistung noch ausreicht, wird das neue MacBook Pro sicher nicht benötigen. Wegen der TouchBar lohnt sich der Kauf definitiv nicht. Lediglich wenn ihr wirklich einen Leistungsschub benötigt und euch das Gewicht extrem am Herzen liegt, ist das neue MacBook Pro für euch interessant.

Noch viel extremer wird es beim MacBook Pro mit 15“. Hier sprechen wir von dem Arbeitstier schlechthin. Mit einem Einstiegspreis von 2.699 € seid ihr dabei und könnt euch neben dem leistungsstarken i7 mit 2,6 GHz über einen Turbo Boost bis zu 3,5 GHz freuen. 16 GB RAM sind da dann direkt an Bord, allerdings müsst ihr euch mit nur 256 GB SSD Speicher anfreunden. Die Radeon Pro 450 mit 2 GB Speicher macht dem MacBook Pro dann auch nochmal ordentlich Beine. Richtig Leistungshungrige werden sich vermutlich aber auch hier nicht mit dem Speicherplatz zufriedengeben und daher eine größere Version benötigen.

Der große i7 schlägt dann mit 240 € extra zu Buche. Wer sich noch über satte 2 TB SSD Speicher freuen möchte, muss alleine für die SSD 1.440 € investieren. Und wenn ihr euch außerdem für die große Radeon Pro 460 mit 4 GB Speicher entscheidet, kommt ihr auf einen finalen Preis von 4.879 €. Da ist es ja gut, dass der Versand kostenlos ist… 😉

Mal im Ernst, knapp 5.000 €? Das ist in meinen Augen wirklich viel zu viel. Ein iMac mit vergleichbarer Leistung wäre günstiger und ein Mac Pro ebenfalls, der, nebenbei bemerkt, auch satt mehr Leistung auf die Straße bringen würde. Klar, mag nun der eine oder andere sagen: „Die sind aber nicht mobil nutzbar!“ Das stimmt natürlich, wäre aber in Kombination mit einem kleineren Notebook vielleicht eine echte Alternative. Wer eine Taschenrakete braucht, ist mit dem neuen MacBook Pro natürlich gut unterwegs. Man sollte sich aber immer die Frage stellen, ob man tatsächlich so viel unterwegs ist und dort immer so viel Leistung benötigt oder ggf. mal ein paar Minuten länger auf das Rendering warten kann als zu Hause? Beantworten kann ich diese Frage natürlich nur für mich und nicht für euch. Ich halte einen iMac oder gar einen Mac Pro in Kombination mit einem MacBook 12“, MacBook Air oder sogar dem Vorgänger MacBook Pro für eine wenigstens mal interessante Alternative, wenn schon so viel Budget zur Verfügung steht.

In aller Kürze

Also nochmal in aller Kürze. Wenn bei euch Leistung ein Thema ist, euch die Größe und vor allem das Gewicht wichtig ist und ihr bereit seid, dafür einen ordentlichen Aufschlag zu zahlen, dann seid ihr mit dem MacBook Pro 13“ oder MacBook Pro 15“ aus 2016 sehr gut bedient. Wer eigentlich noch ein solides MacBook Pro der Vorgängergeneration hat oder aber seinen Geldbeutel nicht zu sehr belasten möchte, der kommt sicher auch mit einem anderen MacBook super klar. Auch wenn es für euch eine Option ist, viel Leistung auf dem Schreibtisch zu haben und unterwegs dann ein paar Leistungseinbußen hinzunehmen, könnt ihr sicher noch mehr aus eurem Budget machen.

Sagt mir doch mal eure Meinung zum neuen MacBook Pro und zur neuen Preisstruktur! Kauft ihr euch ein MacBook Pro 2016? Oder habt ihr vielleicht schon eins und könnt davon berichten? Ich bin sehr gespannt!

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